Die Mitglieder des Stammes der Likatier versuchen eine natürliche
Beziehung zu den Phänomenen des Sterbens und des Todes zu entwickeln.
Danach stellt der Tod von Natur aus keine grausame Trennung dar, sondern
ist der Übergang zu einer anderen Form des Seins. Dies ist sowohl
bei den vielen kleinen Toden so, mit denen der Mensch alltäglich
konfrontiert wird, dies ist aber auch im besonderen beim physischen Tod
eines Menschen so. In der systemischen Psychotherapie, wie z.B. beim Familienstellen,
ist deutlich erfahrbar, dass auch die sog. Verstorbenen unter den Vorfahren
durchaus Teil des Lebens sind und auch in dieser Welt präsent sind
und wirken. Lediglich unsere Bewußtseinsverfassung verschließt
uns in der Regel den Zugang zu den betroffenen Schichten der Wirklichkeit.
So ist der Tod eines geliebten Menschens für die Likatier zwar immer
noch ein mit Schrecken besetzter Vorgang, doch beschäftigen sie sich
besonders in ihrer Bewußtseinsforschung intensiv mit einer Bearbeitung
dieses Themas, und Schritt für Schritt gelingt es immer mehr Stammesmitgliedern,
die wirkliche Bedeutung des Todes in seinem Mysterium ein Stück weit
sichtbar, spürbar und erlebbar zu machen und dabei in eine besondere
und neue Qualität von Beziehung zu den Verstorbenen einzutreten.
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Begleitung der Sterbenden
Die likatischen Stammesmitglieder halten es nicht nur für
wichtig, Sterbende zu begleiten und in dieser Zeit des Übergangs nicht
alleine zu lassen, sondern es ist ihnen ein ausgesprochenes Bedürfnis,
intensiven Kontakt zum Sterbenden zu haben. Natürlich richtet sich das
ganz nach den Wünschen des Betroffenen. Ihm nahestehende Menschen sind
Tag und Nacht bei ihm. Ähnlich wie bei Geburten ist es ein allgemeines
Bedürfnis, daß das Sterben eines Menschen nicht in einem anonymen
Krankenhaus geschieht, sondern zu Hause im Kreise der vertrauten und geliebten
Menschen. Nach dem Tod wird das verstorbene Stammesmitglied aufgebahrt und
alle Stammesmitglieder nehmen persönlich Abschied von ihm. Bisher sind
drei Menschen im Stamm der Likatier gestorben.
Eigene Bestattung
Der Stamm der Likatier strebt an, eine eigene Bestattungskultur
zu entwickeln mit einem stammeseigenen Friedhof, bzw. einer Gruftanlage, wo
die Stammesmitglieder beigesetzt werden. Eine eigene Bestattungskultur ermöglicht
den Stammesmitgliedern, ihren Umgang mit Toten selbstständig zu gestalten
und neue kulturelle Maßstäbe zu setzen. Auf heutigen Friedhöfen
werden Gräber z.B. nach soundsoviel Jahren aufgelassen, was für
die Stammesmitglieder der Likatier undenkbar wäre! Bisher werden Stammesmitglieder
auf öffentlichen Friedhöfen bestattet, wobei der Stamm bei der Beerdigung
eine eigene Zeremonie durchführt, wo der Sarg bis zuletzt offen bleibt,
damit alle den Verstorbenen sehen und berühren können. Das Bestattungsritual
selbst kann sehr vielfältig sein und richtet sich zum einen nach der
Persönlichkeit des Verstorbenen, zum anderen natürlich auch nach
den Bedürfnissen der Hinterbliebenen.
"Bedenken Sie das Wunder des Lebens
an sich und Sie werden sehen, daß Sie bereits angekommen sind. Wir brauchen
eigentlich nichts weiter zu tun, als damit aufzuhören uns mit unserem
Glauben an den Tod zu "töten"."
Fredric Lehrmann