Angefangen hat alles mit der Lust einzelner Stammesmitglieder, sich mit den Träumen zu beschäftigen. Es wurden Träume aufgeschrieben, erzählt, gedeutet und das Thema Traum hat sich mehr und mehr vertieft. Seinen Höhepunkt fand diese Traumarbeit während einer gemeinsamen Woche, in der sich der Stamm der Likatier intensiv mit dem Thema Traum und den eigenen Träumen beschäftigt hat. Ein Teil der Stammesmitglieder hat für eine Woche die Uhren umgestellt und den Tag zur Nacht und die Nacht zum Tag gemacht. Wir erlebten uns durch die Präsenz der Nacht näher am Traumbewußtsein und bekamen durch "Traumübungen" und Traumdeutungen immer mehr Zugang zu dieser großartigen Welt. Bestätigt durch das Inselvolk der Senoi, das die Realität in ihrer Vielschichtigkeit primär durch ihr Traumbewußtsein wahrnimmt, hat sich der Stamm der Likatier vor mehr als zehn Jahren auf den Weg einer Traumforschung gemacht, die sein Leben und die Betrachtung von inneren, unbewußten Beschäftigungen, sehr bereichert hat.
Im Rahmen eigener Bewußtseins- und Matriarchatsforschungen sind die Likatier zu der Auffassung gelangt, daß die Menschen vor Beginn des bewußtseinsmäßig die Wirklichkeit zerstückelnden Patriarchats in einem ganzheitlichen Bewußtseins- und Wahrnehmungszustand lebten, in dem es keine Trennung zwischen Wach- und Traumbewußtsein gab.
Jedermann kann heute noch in Träumen erleben, daß im Traum "ALLES" möglich ist. Man hält sich im Traum in München auf und eine Sekunde später findet man sich in Berlin wieder, man ist im Traum eine Frau und kurze Zeit später verwandelt in eine Katze, man fliegt 50 Meter über dem Boden und taucht im nächsten Moment als Fisch im Ozean.
Durch die Begrenzungen und Glaubenssätze, die wir im eigenen Bewußtsein manifestiert haben, sind wir in unserem Wachbewußtsein der Überzeugung, daß die vorhin beschriebenen Bewegungen und Verwandlungen niemals möglich sein können.
Vision der Mitglieder des Stammes der Likatier ist es, diese Wand, die es zwischen Traum- und Wachbewußtsein gibt, mehr und mehr aufzulösen und so zu einem freieren und weiteren Bewußtsein zu gelangen, das in der Folge ein wesentlich weiteres Spektrum an geistiger Beweglichkeit, Lebensqualität, Lebensintensität und Lebensfreude ermöglicht.
Die Likatier gehen davon aus, daß das Wachbewußtsein nur einen kleinen Anteil des gesamten Bewußtseins repräsentiert, und daß es ein Irrtum ist, zu glauben, daß die Wirklichkeit, die sich dem Wachbewußtsein erschließt, die einzig wirkliche Wirklichkeit sei.
So gibt es nach der Philosophie der Likatier unendlich viele Welten, die alle einen gleichberechtigten Anspruch auf Wirklichkeit haben. Dabei befinden sich die Likatier im Einklang mit den Erkenntnissen der transpersonalen Psychologie (Stanislav Grof, Ken Wilber u.a.). Einen besonders geeigneten Zugang zu diesen Welten außerhalb des Normalbewußtseins finden wir im Traumbewußtsein.
Da das Wachbewußtsein in den Augen der Likatier einen besonders behinderten und verzerrten Zugang zu den Wirklichkeiten bietet, halten sie das Traumbewußtsein für die letztendlich "wirklichere Wirklichkeit". Wer seine Träume und sein Sein im Traum aufmerksam beobachtet, wird spüren, daß man im Traum ein vielfaches an Wahrnehmung, an Präsenz und an Lebensintensität hat und ein wesentlich tieferer Bezug zu allen Phänomenen besteht.
Bedauerlicherweise stößt die Bedeutung von Träumen nur bei wenigen Menschen auf echtes und tieferes Interesse. Viele fühlen sich von den geträumten Bildern am Morgen zwar noch kurz berührt, doch dann verflüchtigen sich die Gefühle und Erinnerungen sehr schnell und dem Traum wird letztendlich kein Platz und keine Bedeutung eingeräumt.
Im Rahmen der Traumbeschäftigung versuchen die Stammesmitglieder den Träumen ihre Wertigkeit und einen geistig-seelischen Raum zu geben, in dem der Traum seine Botschaft entfalten kann. Für die Likatier hat der Traum unter anderem die Bedeutung eines Mediums hin zu den tiefen unbewussten Schichten des Menschen, zu den Vorgängen der Seele, zu den dem Menschen nicht zugänglichen Beschäftigungen und Gefühlen. Der Traum spricht die ureigenste und unverfälschteste Sprache des Menschen selbst. Der Traum macht dem Menschen sichtbar, was er im Wachbewusstsein, in seiner Moral, in seinen geistigen, kulturellen Werten an sich selbst nicht zu sehen vermag. So spricht keine Instanz im Menschen so viel Wahrheit über den Menschen als seine Träume und kann so als glaubwürdigster Botschafter der eigenen Seele gesehen werden.
In der Deutung von Träumen haben die Likatier die unterschiedlichsten Methoden entwickelt. Obwohl man sich von Friedrich Weinreb, C.G. Jung, Klaus-Bernd Vollmer und anderen Traumdeutern inspirieren ließ, orientieren sich Likatier im wesentlichen jedoch nicht an vorgegebenen Deutungsmustern oder festgelegten Symbolbegriffen. Die sich mit Traumdeutung beschäftigenden Stammesmitglieder haben ihre individuellen Methoden entwickelt. So gibt es Traumdeuter, die sich gerne an Klassikern orientieren, während andere eine freie assoziative Deutung bevorzugen, in der man sich auf den verschiedensten Analogieebenen bewegt. Ebenso gibt es die Sichtweise, daß jeder Aspekt im Traum einen Teil des Träumers repräsentiert. Darüberhinaus werden Trauminhalte auch systemisch aufgestellt (ähnlich wie bei systemischen Familienaufstellungen) oder die einzelnen Traum-Figuren bekommen jeweils ihre eigene Stimme, wodurch man leicht in die Tiefenbedeutungen der einzelnen Gestalten gelangt. Traumarbeit findet ebenso im alltäglichen Leben durch Kommunikation der Träume, durch Konfrontation mit deren Inhalten und kognitiven oder emotionalen Beschäftigungen statt.
Die Traumarbeit führt nicht nur zu hilfreichen Erkenntnissen über die eigenen Strukturen, Bedürfnisse, Sehnsüchte, Ängste und dergleichen, sondern liefert auch zahlreiche wertvolle Entwicklungsimpulse oder zeigt einem auch zeitsprengende Bilder aus der Zukunft oder zum Teil auch aus weit zurückliegender Vergangenheit, welches alles dem Wachbewußtsein normalerweise völlig verborgen bleibt.
Dieses Thema steckt noch in den Kinderschuhen. Lediglich durch Gespräche beim Frühstück wurde immer wieder mal festgestellt, daß es innerhalb des Stammes Themen gibt, die von vielen "beträumt" werden und daß es ein sogenanntes kollektives Traumbewußtsein gibt. In diesem kollektiven Traumbewußtsein beschäftigt sich eben eine soziale Gruppierung mit bestimmten relevanten Themen.
Traumarbeit ist ein therapeutisches Instrument. In Likatien wurde die Erfahrung gemacht, daß Menschen im Rahmen von Traumdeutungen häufig leichter Zugang zu inneren kranken Strukturen und eine kritische Betrachtung derselben finden, da sich viele Menschen leichter tun, Impulse oder Kritik anzunehmen, die aus einem selbst kommen. Da sich die Traumwelt jenseits der eigenen Ratio, der eigenen Wertesysteme, der eigenen ethischen und moralischen Kontrolle befindet, spricht sie über den Menschen eine Sprache, die mehr über ihn aussagt als jedes gesprochene Wort. So ist die Traumbeschäftigung in Likatien ein nicht mehr wegzudenkender therapeutischer Bestandteil. Die Likatier erzählen sich ihre Träume, deuten sich ihre Träume und einige schreiben im Rahmen von biografischen oder Genese-Arbeiten ihre Träume auf, um auf interessantes Material zurückgreifen zu können.
Durch die Begrenzungen und Glaubenssätze, die wir im eigenen Bewußtsein manifestiert haben, sind wir in unserem Wachbewußtsein der Überzeugung, daß die vorhin beschriebenen Bewegungen und Verwandlungen niemals möglich sein können.
Vision der Mitglieder des Stammes der Likatier ist es, diese Wand, die es zwischen Traum- und Wachbewußtsein gibt, mehr und mehr aufzulösen und so zu einem freieren und weiteren Bewußtsein zu gelangen, das in der Folge ein wesentlich weiteres Spektrum an geistiger Beweglichkeit, Lebensqualität, Lebensintensität und Lebensfreude ermöglicht.
Auch im Umgang mit Kindern sind Träume ein wertvolles Mittel zum tieferen Verständnis der Kleinen. Häufig sind Kindern Konflikte oder Probleme nicht mehr bewußt oder schon lange in Vergessenheit geraten. Nicht selten erfährt man von Kindern im Schlaf oder aus Traumerzählungen, daß sie an diesem oder jenem Thema, seien es Probleme mit anderen Kindern oder irgendwelche Konflikte, doch noch zu knabbern haben. Viele Mütter im Stamm der Likatier schreiben die Träume ihrer Kinder auf und beschäftigen sich vertieft damit. Den Kindern und Jugendlichen im Stamm ist die Bedeutung von Träumen durchaus bewußt und das ist auch in den jungen Altersstufen schon ein alltägliches Thema.