Eigene Feiern gibt es im Stamm der Likatier speziell zu den
Namensgebungen von Häusern, Grundstücken und Kindern. Bei Häusern
und Grundstücken kommt es oft vor, daß die Namensgebungsfeiern
gleichzeitig mit den Immobilien-Begrüßungsfesten stattfinden.
Zur Namensgebungsfeier eines neuerworbenen Hauses wird der ganze
Stamm zu einem Umtrunk in dieses Haus eingeladen. Zu Beginn gibt der jeweilige
Namenspate die Namen für das Haus, den Hof und die einzelnen Räume
bekannt. Jung und Alt und Kind und Kegel stoßen auf jeden einzelnen
Namen separat an. Diese Feste haben eine hohe Qualität an Nähe und
Gemütlichkeit, denn der ganze Stamm ist in einem Haus dicht zusammengedrängt,
und jeder bewegt sich von einem Zimmer zum anderen, um alle Räume mit
ihren Namen kennenzulernen. Überall wird getrunken, gelacht, gegessen,
geratscht und gefeiert. In jedem Zimmer herrscht eine andere, sich stets wandelnde
Atmosphäre. Man begegnet immer neuen Konstellationen von Menschen, verweilt
für eine Zeit und zieht dann weiter. Ist der Abend fortgeschritten und
schon so mancher nach Hause gegangen, so sitzen die Nachteulen oft noch stundenlang
in kleinem Kreis zusammen bei immer intimeren Gesprächen. Zu später
Stunde geht's oft ans Eingemachte, man frägt und sagt einander, was man
sowieso schon lange mal fragen oder sagen wollte. Oder es werden bis tief
in die Nacht hinein alle Lieder gesungen, die sie kennen, von Indianer-Liedern
über italienische Schnulzen bis zu ergreifenden alten deutschen Volksliedern
wie "Am Brunnen vor dem Tore" oder "Wahre Freundschaft kann
nicht wanken".
Zur Namensgebungsfeier von Ländereien, die in den Besitz
des Stammes übergegangen sind, wird oft der ganze Stamm zu einem Umtrunk
auf das neue Stück Land eingeladen. Das Beisammensein ist dann gesprägt
von einer großen Freude an der Natur und der Einbettung der likatischen
Grundstücke in das herrliche Allgäuer oder Außerferner Land.
Visionen werden wach, wie dieser Ort genutzt werden will, man malt sich gemeinsam
Bilder aus von dieser und jener Möglichkeit und beginnt vielleicht auch
schon, ganz konkrete Pläne zu schmieden.
Zur Namensgebungsfeier eines neuen Kindes, das von einer Stammesfrau
empfangen wurde, lädt die Mutter einen eher kleinen Kreis von Menschen,
die ihr und ihrem Kind besonders nahe stehen, meist zu Kaffee und Kuchen ein.
Der Name wird vom Namenspaten verkündet, es wird angestoßen und
man hockt gemütlich beisammen. Bei Ratsch und Tratsch und oft auch intimen
Auseinandersetzungen mit einem der geladenen Gäste oder einem Thema,
von dem die Gemeinschaft gerade betroffen ist. Es ist immer wieder interessant,
daß diese Art von intensiven Gesprächen oft nichts mit dem Anlaß
der Feier zu tun haben, sondern ganz organisch aus dem heraus entstehen, daß
es einen aktuellen Bedarf nach Beschäftigung zu einem Thema gibt; wo
einer der Gäste eine Freude oder ein Leid teilen will oder wo ein Ereignis
der letzten Tage die Anwesenden bewegt. So werden diese Feiern in kleinem
Kreis immer wieder zu einer tragenden Säule des sozialen Geschehens im
Stamm, man bleibt füreinander sichtbar, und das nicht nur im Kreis der
geladenen Gäste, denn wenn diese danach zur Arbeit zurückkehren,
werden sie interessiert gefragt: "Worüber habt Ihr geredet?"
Und so wird Wesentliches, Witziges, Schreckliches und Erfreuliches sofort
weiterbewegt im natürlichen Kommunikationssystem des Stammes.