Die Gründe für ein Leben in einer Gemeinschaft können
sehr vielfältig sein. Grundsätzlich ist es wohl so, daß es
in vielen Menschen ein Bedürfnis nach mehr zwischenmenschlichem Kontakt,
nach mehr Freundschaft, nach mehr Nähe, Geborgenheit und Wärme und
nach mehr Intimität gibt. Dazu gibt es bei vielen ein menschliches, seelisches,
geistiges, politisches oder auch spirituelles Defizit, das von der herkömmlichen
Massengesellschaft mit ihren bestehenden dominanten Sozialstrukturen nicht
ausgeglichen wird. In solchen Situationen machen sich Menschen auf die Suche
nach alternativen Lebensformen, die einem diese Wünsche und Vorstellungen
erfüllen können. Diese Wünsche und die damit verbundenen Gründe
in einer Gemeinschaft leben zu wollen, sind daher sehr zahlreich und sehr
unterschiedlicher Art. Hier einige Beispiele:
In Gemeinschaft ist man nicht alleine. Es gibt nicht die
Einsamkeit, die viele Menschen in ihrer sozialen Isoliertheit erleben. Man
hat immer die Möglichkeit des zwischenmenschlichen Kontaktes und befindet
sich im Alltag und vor allem in Notsituationen in einer Gemeinschaft aus
Freunden, die einem nahe stehen.
Je nach inhaltlicher Ausrichtung der Gemeinschaft kann man
Beschäftigungen, Tätigkeiten und Themen in einer Art und Weise
vertiefen und entfalten, wie es ohne Gemeinschaft sehr schwierig wäre.
Beispielsweise kann ökologischer Landbau in einer Gemeinschaft wesentlich
einfacher realisiert werden, als wenn man alleine oder mit einer klassischen
Kleinfamilie Felder bestellen wollte. Ebenso können spezielle therapeutische
Beschäftigungen in Zusammenarbeit mit Gleichgesinnten leichter stattfinden,
wie alleine. Nicht anders verhält es sich in wirtschaftlichen Betrieben,
wo es viel leichter fällt, gemeinsam etwas aufzubauen als wenn man
isoliert ist, und nur auf sich gestellt ist. Da viele Gemeinschaften in
ihren wirtschaftlichen Betätigungen trotz erfolgreicher Tätigkeit
primär ideell orientiert sind, besteht die Möglichkeit in wirtschaftlichen
Betrieben zu arbeiten, ohne ein Opfer eines übertriebenen Leistungsprinzips
zu werden, das die Menschen in der Regel krank und unglücklich macht.
Gemeinschaften bieten für Kinder ein schönes Lebensumfeld
mit vielen menschlichen Kontakten. Die Kinder können sich viele Bezugs-
und Vertrauensbeziehungen zu unterschiedlichsten Menschen schaffen und wachsen
so in einem bunten und weiten Spektrum von Lebensimpulsen auf. Gerade auch
für alleinerziehende Mütter bieten Gemeinschaften eine starke
Entlastung, da die Anwesenheit vieler anderen Kinder die Aufmerksamkeit
der eigenen Kinder in Anspruch nimmt und so verhindert, daß die Kinder
dauernd auf die eigene Mama fixiert sind. Außerdem erfahren Mütter
in Gemeinschaft eine wesentlich umfassendere persönliche Unterstützung
als dies in anderen Lebensmodellen möglich ist.
Durch die Vielfalt an Menschen in einer Gemeinschaft, durch
deren Austausch untereinander und durch das Bedürfnis, gemeinsam etwas
zu schaffen, entstehen viele Synergieeffekte, die Effizienz gewährleisten
und in der Folge Freiräume ermöglichen. Sei es nun im wirtschaftlichen
Bereich oder in Fragen alltäglicher Organisation und Versorgung, überall
kann man sich durch gegenseitige Unterstützung Vorteile und Entlastungen
schaffen, die zu einer wesentlichen Erhöhung der Lebensqualität
jedes Einzelnen führen. Auch fallen die Schwächen eines Menschen
nicht mehr so ins Gewicht, weil sie leicht durch die Stärken eines
anderen ausgeglichen werden können. Dieses Zusammenfließen der
Kräfte, Fähigkeiten und Begabungen der Einzelnen innerhalb einer
Gemeinschaft ermöglicht ein weites Feld von Betätigungen und Entfaltungen.
Altersperspektive: Viele Menschen in der gegenwärtigen
Gesellschaft verbinden mit ihrer Perspektive fürs Alter einen Platz
im Altersheim, weitab der Familie und von Freunden, getragen von einer Vorstellung
von Einsamkeit. In intakten Gemeinschaften leben alle Generationen zusammen
und es ist ein hoher Wert, Eltern, Großeltern und Urgroßeltern
in die Gemeinschaft aufzunehmen bzw. in der Lebensgemeinschaft zu behalten
und ihnen dort einen Platz zu geben und zu gewährleisten, an dem sie
mit ihren Kindern, Enkeln und Urenkeln ihren Lebensabend verbringen können.
Alte Menschen, die sich nicht mehr versorgen können, werden selbstverständlich
von den Mitgliedern der Gemeinschaft kostenlos versorgt, betreut und gepflegt,
was außerhalb von Gemeinschaften eher selten stattfindet.
Heutzutage werden es immer mehr Menschen, die eine nachhaltige
ökologische Lebensweise für sich anstreben. Gerade bei diesem
Vorhaben erweist sich eine Gemeinschaft als kolossaler Vorteil. Das fängt
bei den Autos an, wo man ganz leicht zu mehreren ein Auto teilen kann, anstatt
daß jeder mit seinem eigenen PKW rumfährt. Und das reicht bis
zur Organisation einer optimalen Müllwiederverwertung, die sich in
einer Gemeinschaft viel professioneller entwickeln läßt als im
einzelnen Haushalt.
Und wer Lust hat eine eigene spirituelle Kultur mit eigenen
Akzentuierungen zu entwickeln, der wird sehr schnell erleben, daß
dieser Versuch durch auf sich alleingestellte Menschen fast nicht zu verwirklichen
ist. Erst in Gemeinschaft läßt sich ein neuer Kulturzusammenhang
schaffen, der den Ansprüchen einer neuen Kultur gerecht wird.
Dies sind einige Beispiele und Gründe, warum auch die Mitglieder
des Stammes der Likatier sich für ein Leben in Gemeinschaft entschieden
haben. Fast jedes neue Mitglied bringt seine eigenen unverwechselbaren Beweggründe
mit, was sich auf die Entwicklung des Stammes entsprechend auswirkt. So ist
der Stamm der Likatier offen für neue Entwicklungsimpulse und Anregungen,
die durch neue Mitglieder gemäß ihrer eigenen Gründe, warum
sie in Gemeinschaft leben wollen, in den Stamm eingebracht werden. Die Likatier
sind dabei bereit, diese neuen Formen der Entfaltung, Beschäftigung oder
gar neue Lebensformen im allgemeinen in die Stammesstruktur und das Stammesleben
zu integrieren. Dadurch ist der Stamm ein sehr flexibles und lebendiges Gebilde,
was seine Gestalt und sein Wesen immer wieder an die Bedürfnisse der
Menschen anpaßt.